03.05.2018 - St. Joseph Krankenhaus Linnich, Nordrhein-Westfalen

Menschen mit Demenz im Akut-Krankenhaus: In guten Händen auf der Demenz-Station

Steigende Zahl dementer Patienten Zurzeit sind in Deutschland ca. 1,4 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht von einer deutlichen Zunahme der Inzidenz der Erkrankung aus. Im Jahre 2050 werden hierzulande wohl drei Millionen Betroffene leben, von denen rund jeder Dritte mehr als 90 Jahre alt sein wird. Das St. Josef-Krankenhaus in Linnich hat sich auf die steigende Zahl der Menschen mit Demenz und damit auf die besonderen Bedürfnisse dieser Patientengruppe eingestellt.

Demenz als Nebendiagnose

Bei Eintritt einer Akuterkrankung mit der Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes, ist durch den Wechsel in ein ungewohntes Umfeld mit vielen verschiedenen unbekannten Menschen und nichtalltäglichen Abläufen eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes oft nicht auszuschließen. Damit bei Aufnahme eines dementen Patienten in das Akut-Krankenhaus die Nebendiagnose Demenz nicht in den Hintergrund rückt, wurde ein Demenz-Konzept erstellt, das zum Ziel hat, bei Behandlung, Pflege und Betreuung die Einschränkungen des Patienten zu berücksichtigen und die vorhandenen Ressourcen zu unterstützen.

Demenzkonzept

Den Kern des Konzeptes bildet die interdisziplinäre Demenz-Station mit 18 Betten. Der Schwerpunkt des Konzeptes beruht darauf, eine Verbesserung der fachlichen und menschlichen Begleitung von dementen Patienten im Krankenhaus zu erzielen. Folgende Maßnahmen, die zum Teil auf die Empfehlungen der „S3-Leitlinie Demenz“ beruhen, sollen dies ermöglichen:

  • Frühzeitiges Erkennen der Demenz in der Patientenaufnahme durch Alarmkennzeichen im Bettenprogramm und gezielte Unterbringung auf der Demenz-Station.
  • Differenzierte Aufnahme unter Einbeziehung der Patientenbiographie, es werden alle wichtigen Eigenschaften, Vorlieben und Gewohnheiten des Demenzkranken auf dem „Alzheimer Stammblatt“ erfasst.
  • Falls möglich und erwünscht erfolgt eine Einbeziehung der Angehörigen in die Behandlung, es besteht die Möglichkeit zum „Rooming in“.
  • Koordination sämtlicher notwendiger Maßnahmen um einen möglichst kurzen Aufenthalt zu gewährleisten.
  • Nach Möglichkeit psychopharmakolgische Therapie meiden.
  • Ressourcen der Patienten erhalten, und das Stadium der Demenz nicht verschlechtern.
  • Einsetzen von Betreuungspersonal zur Beschäftigung.
  • Schulung aller Berufsgruppen und Ehrenamtlicher Mitarbeiter.
  • Schmerzerfassung und Schmerzdokumentation anhand der BESD Skala mit Einbeziehung der Schmerzmentoren.
  • Screening auf Mangelernährung bei Aufnahme des Patienten.
  • Im Rahmen des Delir-Screenings, Einschätzung von Verwirrtheitszuständen bei Aufnahme in der Ambulanz (Confusion Assessment Method Scor CAM).
  • Gezielte pflegerische Maßnahmen z.B. Aromathetrapie und basale Stimulation.
  • Festgelegte Sprechzeiten für Angehörige.
  • Einbindung von Sozialdienst und Familialer Pflege.
  • 100 % Begleitung zu allen Untersuchungen und Behandlungen, Wartezeiten vermeiden.
  • Beachtung der Regeln im Umgang mit dementiell Erkrankten, z. B. Ruhe ausstrahlen, langsam reden, auf Wunsch Körperkontakt halten.

Erhöhter Betreuungsaufwand

Der erhöhte Betreuungsaufwand der dementen Patienten ergibt sich aufgrund von „Hinlauftendenz“, Ängstlichkeit, erhöhtem Verletzungsrisiko, gestörtem Tag- Nachtrhythmus, aggressivem und herausforderndem Verhalten. Es ist Hilfestellungen im alltäglichen Handlungen erforderlich. Der Patient muss verstärkt beobachtet und betreut werden um weiteren Komplikationen vorzubeugen. Zur Verbesserung der Patientensicherheit ist der Stationsbereich mit einem einem Desorientierungssystem ausgestattet. Bei Patienten, die von einer „Hinlauftendenz“ betroffen sind, wird ein Sensor, an der Kleidung oder als Armband am Handgelenk angebracht. Verlässt der Patient den geschützten Bereich wird über die Patientenrufanlage ein Alarm aktiviert. Die sichere Identifizierung der Patienten erfolgt zusätzlich über Patientenarmbänder.

Tagesbetreuung der betroffenen Patienten

Die förderliche und angemessene Beschäftigung ist ein wichtiges Element des Konzeptes. Im Vordergrund steht die Förderung der Alltagsfähigkeiten. Durch gezielte Beschäftigung wird der Patient abgelenkt. Zusätzlich wird er körperlich gefordert und so auch auf natürliche Weise müde. Es wird versucht durch eine detaillierte Anamnese (Biographie) bei der Aufnahme, die Dinge heraus zu finden, die der Patient in seinem Leben gerne gemacht hat. Es ist wichtig, dass sich der Patient im Krankenhaus wohl fühlt. Ein separater Aufenthaltsraum, der wohnlich eingerichtet ist, steht den Patienten und Angehörigen zur Beschäftigung und zur gemeinsamen Einnahme der Mahlzeiten zur Verfügung. Eine große Anzahl von Spielen zur Beschäftigung sind vorhanden (Spielkarten, Mensch ärgere Dich nicht, Memory, Vertellekes, Visuelle Angebote wie z. B. Knöpfe und Taschentücher zum Sortieren, Musik hören und singen, Ausmalen z. B. von Mandalas)

Die Beschäftigung findet den Möglichkeiten des Patienten entsprechend statt. Auch für Patienten der anderen Stationen wird bei Bedarf die Betreuung im sogenannten „Wohnzimmer“ ermöglicht. Die Betreuung findet an jedem Wochentag für alle desorientierten Patienten am Vormittag von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr und am Nachmittag von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr an. Bei bettlägerigen Patienten kann die Betreuung mit Hilfe eines Sinneswagens, ausgestattet mit CD-Player, Tüchern, Lichtern und Wassersäulen im Patientenzimmer stattfinden. Einmal wöchentlich findet in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Physiotherapie ein Bewegungskurs statt.

Einrichtung der Patientenzimmer

Auf der interdisziplinären Station wurde durch Farb- und Lichtgestaltung eine ruhige und stressfreie Atmosphäre geschaffen. Diese Farben unterstützen zusätzlich die Wahrnehmung der Patienten. Die wohnliche Einrichtung trägt ebenfalls zu einer angenhmen Atmosphäre bei und abhängig von z.B. Jahreszeiten oder Geschlecht des Patienten kann die Dekoration in den Zimmern verändert werden. Jedes Zimmer ist mit elektrisch verstellbaren Niedrigflurbetten ausgestattet. Diese dienen nicht nur dem einfachen Aus- und Einsteigen aus dem Bett, sondern zusätzlich der Sturzprophylaxe. Die Badezimmer sind geräumig und altersgerecht umgebaut.

Das Stationsteam

Die Versorgung dementer Patienten setzt für den einzelnen Mitarbeiter ein umfassendes gerontopsychiatrisches Fachwissen, soziale Kompetenz und das Eingehen auf die Patienten und ihre Bedürfnisse voraus. Eine akzeptierende und wertschätzende Grundhaltung sowie Seelische und körperliche Belastbarkeit, Ruhe, Geduld und Flexibilität sind unabdingbar. Ebenso sind Kooperationsfähigkeit und Teamorientierung gefordert, da der alltägliche Umgang mit dementen Menschen eine enorme Herausforderung darstellt.

Drei Pflegekräfte absolvierten die Weiterbildung zum Demenzexperten, zwei Schwesternhelferinnen und zwei weitere Mitarbeiter sind zu Betreuungsfachkräften nach §87b geschult und unsere Seelsorgerin absolvierte eine Weiterbildung im Umgang mit psychisch erkrankten Patienten. Unterstützt wird das Team von vielen Mitarbeitern, die im Umgang mit demenzkranken Menschen im Rahmen von internen und externen Fortbildungen geschult wurden. Weiterhin finden mit Unterstützung des Arbeitgebers regelmäßig medizinische und pflegerische Weiterbildungen statt. Für die Mitarbeiter der Demenzstation besteht die Möglichkeit zur Supervision. Mit Unterstützung eines externen Supervisors können im Rahmen von regelmäßigen Treffen des Teams oder auch in Einzelgespräche Probleme und belastende Situationen bearbeitet werden.

Ausblick

Bereits 2009 wurde mit der Erarbeitung des Demenzkonzeptes begonnen. In den vergangenen 8 Jahren hat es sich durch kontinuierliche Evaluation, Änderungen und Ergänzungen durch die berufsgruppenübergreifenden „Arbeitsgruppe Demenz“ stetig weiterentwickelt, um den wachsenden Anforderungen von Patienten, Mitarbeitern und medizinischen Standards entsprechen zu können. Zudem hat der Förderverein „Freunde und Förderer des St. Josef-Krankenhauses Linnich e.V.“ seit Beginn die Aufbauarbeiten der Demenzstation mit jährlich mehreren tausend Euros unterstützt. Diese besondere finanzielle Förderung war Vorraussetzung dafür, dass die Station sich auf den jetzigen Stand entwickeln können.

Zum jetzigen Zeitpunkt liegt der Anteil der im St. Josef-Krankenhaus behandelten Patienten mit einer Demenz als Nebendiagnose bei mehr als 12%. Die Anzahl der betroffenen Patienten wird in den nächsten Jahren steigen und einen immer größeren Platz in unserer Gesellschaft einnehmen. Es gilt daher nicht nur die Ziele des Demenzkonzept innerhalb des Krankenhauses konsequent umzusetzen, sondern auch ausserhalb des Krankenhauses neue Netzwerke aufzubauen um die Betreuung dementer Menschen zu verbessern. Dazu müssen die Schnittstellen zwischen verschiedenen Institutionen und Dienstleistern aus- und aufgebaut werden. Eine Aufgabe, der sich die Mitarbeiter des St. Josef-Krankenhauses gerne annehmen möchten.

St. Josef-Krankenhaus

Das St. Josef-Krankenhaus in Linnich gehört zur Caritas Trägergesellschaft West gGmbh (ctw) mit Hauptsitz in Düren. Es ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung, verfügt über 140 Planbetten und weist die Fachbereiche Allgemein- und Abdominalchirurgie, Gelenk- und Unfallchirurgie, Innere Medizin mit Nephrologie, Dialyseabteilung und Endoskopie aus. Es beschäftigt etwa 300 Mitarbeiter.                        

St. Josef-Krankenhaus • Rurdorfer Straße 49 • 52441 Linnich
Tel. 02462 204-0 • Fax 02462 204 8098
Info.sjk-li@ct-west.de
www.krankenhaus-linnich.de

Ansprechpartner Demenzstation: Chefarzt: Dr. Gerhard Mertes
Oberärztin: Dr. med. Grit Böckler
Stellvertretende Pflegedirektorin: Marlies Jansen
Stationsleitung – Demenzexpertin: Marisol da Lanca

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