21.12.2017 - Ein flächendeckendes Schulungsprogramm

Demenz-Lotsen +

Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten im Akutkrankenhaus 

1. Hintergrund

Erfreulicherweise werden die Menschen in Deutschland immer älter, infolgedessen nimmt leider auch die Zahl der Menschen zu, die an einer Demenz erkranken. In der Bundesrepublik sind etwa 1,5 Millionen Menschen von einem krankhaften Gedächtnisverlust betroffen. Pro Jahr kommen rund 250.000 Neuerkrankungen hinzu. Bis zum Jahr 2025 werden etwa 2,5 Millionen Menschen an einer Demenz leiden. Die Statistiken zeigen einen Trend auf, der in unserer immer älter werdenden Gesellschaft zu einer immer größeren Herausforderung wird - auch für Krankenhäuser, die Betroffene versorgen und behandeln wollen.

Um ein genaues Bild der IST – Situation in den Sana Kliniken zu erhalten, haben die Sana Kliniken AG 2016 intern eine Punktprävalenzstudien der somatischen Fachbereiche zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durchgeführt. Da dies unter anderem ein Mess- bzw. Qualitätsparameter für den Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten ist. Hierbei fiel auf, dass viele Patienten mit einer Fixierung, als Nebendiagnose eine Demenz auswiesen.

Der zentrale Bereich Unternehmensstrategie Pflege hat als Sofortmaßnahme für das Jahr 2017 ein flächendeckendes Schulungskonzept „Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten im Akutkrankenhaus“ ins Leben gerufen.

2. Projektbeschreibung

Im Zuge des Projekts „Schulungsprogramm - Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten im Akutkrankenhaus “ werden im Verbund der Sana Kliniken AG bundesweit und flächendeckend die Mitarbeiter der Pflege bis Ende 2017 geschult, bis September werden schon 70% der Mitarbeiter in der Somatik das Schulungsprogramm durchlaufen haben. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit dem Bereich Personalentwicklung, sowie mit Thieme CNE online ein Basisschulungsprogramm erstellt. Es beinhaltet 4 Lerneinheiten mit folgenden Themenschwerpunkten:

  • Grundlagen der Geriatrie: o Demenzerkrankte verstehen o Menschen mit Demenz im Krankenhaus
  • Der Pflegeprozess: o Geriatrische Pflege o Pflegeethik
  • Angehörige: o Demenzerkrankte versorgen / Haltung einnehmen o Herausforderung Demenzpflege
  • Organisation: o Neue Konzepte entwickeln o Betreuung und Vorsorge-Vollmacht o Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen

Um das gesamte Programm zu absolvieren haben die Mitarbeiter in ihren Kliniken 3 Monate Zeit, die gesamte Lernzeit wird mit ca. sieben Stunden veranschlagt und wird auch als reguläre Arbeitszeit anerkannt. Dabei können die Mitarbeiter die Lerneinheiten sowohl an ihrem Arbeitsplatz bearbeiten, als auch am eigenen PC zu Hause. Zusätzlich zu den Basisschulungen über CNE online wurden in mehreren Workshops speziell ausgewählte Mitarbeiter jeder Sana Klinik zu sogenannten Demenzlotsen+ weitergebildet. Nach erfolgreicher Teilnahme an den Workshops sollen die Demenzlotsen+, basierend auf dem Multiplikatoren Prinzip, die Inhalte der Lerneinheiten an den jeweiligen Kliniken weiter verbreiten. Unter anderem werden sie selbst Veranstaltungen und Projekte zum Thema Demenz in ihrer Klinik initiieren. Des Weiteren fungieren sie auch als Experten, die den Kliniken bei Bedarf stationsübergreifend als Mentoren für CNE und für Fragestellungen zu Demenz zur Verfügung stehen. Damit die Demenzlotsen+ auch größtmöglichen Rückhalt, Akzeptanz und Unterstützung im Personal erhalten, hat die Sana von Beginn an darauf geachtet, die Pflegedirektoren und Stationsleitungen mit einzubeziehen.

Die Sanaeigene Fachgruppe Pflege spielt hier eine entscheidende Rolle. In ihr sind Pflegedirektorinnen und -direktoren als Sprecher der einzelnen Regionen vertreten, die die aktuellen Themen und Interessen der Pflege einbringen und in den Regionen umsetzen. Diese Gruppe und andere interdisziplinäre Arbeitskreise, die sowohl aus Pflegenden als auch aus anderen Professionen - wie etwa der Medizin und Hygiene - zusammengesetzt sind, waren von Beginn an bei der Initiierung, konzeptionellen Entwicklung, Umsetzung und Evaluation des Projektes involviert. Durch deren Rückmeldungen wird die Zentrale über den aktuellen Umsetzungsstand informiert und kann die Entwicklung monitoren. Momentan werden schon vielseitig kreative Ideen und Maßnahmen umgesetzt. Zum Beispiel kommt es in einigen Kliniken zur Anwendung des sogenannten „Handtaschenkonzepts“. Damit kann verhindert werden, dass verhaltensauffällige Patienten ihre eigenen Handtaschen permanent aus- und umräumen und sie dadurch wichtige Dinge verlieren. Inzwischen gibt es schon viele solcher simplen Praxistipps, die ein wunderbares Beispiel für handlungsorientiertes, ressourcenschonendes Arbeiten darstellen.

Mit diesen Maßnahmen möchte die Sana Kliniken AG ein breiteres Bewusstsein, eine patientenorientierte Haltung der Professionen und möglichst großes Interesse am Thema „Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten“ schaffen. Unterstützend dazu wurde in Zusammenarbeit mit dem Bereich Unternehmenskommunikation eine Poster-Kampagne und Informationskarten für Angehörige entwickelt.

3. Projektziele

Im Vordergrund steht die flächendeckende Basisschulung aller Mitarbeiter in der Pflege der Sana Kliniken. Besonders im Hinblick auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Entwicklungsstände in den 50 verschiedenen Kliniken, manche Kliniken haben schon selbst einige Leuchtturmprojekte initiiert, wie die Einführung des „Werdenfelser Wegs“. Andere Kliniken dagegen, sind auf Grund des Medizinportfolios weniger betroffen und haben sich bisher noch nicht so stark diesem Thema gewidmet. Zukünftig soll dieses Schulungsprogramm deshalb als Mindeststandard bei allen Sana Kliniken umgesetzt werden. Inzwischen findet man schließlich auf fast allen Stationen eines Krankenhauses Patienten mit einer Demenz.

Als Nebeneffekt sollen auch Mitarbeiter anderer Berufsgruppen im Krankenhaus auf das Projekt aufmerksam werden. Des Weiteren minimiert ein professioneller Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten den täglichen

Arbeitsaufwand des Pflegepersonals. Indem zeitintensive Belastungssituationen, die durch herausforderndes Verhalten oder Weglauftendenzen der betroffenen Patienten entstehen, verringert werden, wollen wir die Mitarbeiterzufriedenheit stärken. Außerdem lernen die Demenzlotsen+ in den Workshops auch bestimmte Umgangsformen, die deeskalierend wirken. Ganz konkret soll es zu einer signifikanten Reduktion von Stürzen und Fixierungen im Stationsalltag kommen. Ein weiterer erhoffter Effekt besteht darin, dass die Behandlungsdauer bzw. die Liegezeit der dementen Patienten aufgrund der geringeren Komplikationsrate verkürzt und die Patienten sich auf Station wohler fühlen, dementsprechend auch schneller gesunden.

4. Ausblick

Sobald alle Mitarbeiter geschult sind, wird das Projekt von der Unternehmensstrategie Pflege aus der Zentrale heraus evaluiert werden. In Zuge dessen wird es auch wieder eine Punktprävalenzstudie zu freiheitsentziehenden Maßnahmen geben, um den Nutzen zu verifizieren.

In Zukunft soll das Projekt fortlaufend intensiviert und optimiert werden. Neue Mitarbeiter werden fortführend geschult. Bei Bedarf wird es weitere Workshops zur Ausbildung von neuen Demenzlotsen+ geben und auch zwischen den Kliniken und der Zentrale wird es über die Fachgruppe Pflege und andere Gruppen weiterhin eine rege Kommunikation über den Entwicklungs- und Umsetzungsstand in den einzelnen Institutionen geben.

Während der Durchführung dieses Projekts wurde daraus auch der Grundstein für ein neues Projekt gelegt, welches sich rund um das Thema Delir drehen wird: Wie kann ein Delir frühzeitig erkannt bzw. gar vermieden werden? Wie sieht eine sinnvolle Erfassung und Dokumentation aus? Hierzu besteht in deutschen Kliniken Handlungsbedarf, es gibt wenige Daten und keine klar strukturierten Vorgehensweisen, welche eine Vergleichbarkeit zuließen.

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