Der zweite Tag des Deutschen Krankenhaustages stand am Vormittag unter dem Titel „Menschen machen Medizin – Entökonomisierung der Krankenhäuser“. Die Diskussionen drehte sich dabei um die vielfältigen Veränderungsprozesse, die entweder durch die Krankenhausreform angedacht sind, oder durch technische Neuerungen die Arbeitswelt der Gesundheitsfachberufe verändern. Ärztliche Personalbemessung, die Frage nach Level-Ii-Kliniken, oder ob und wie KI die Tätigkeit von Ärztinnen und Ärzten dauerhaft und nachhaltig verändern, verbessern oder erleichtern wird. Gerade die ärztliche Personalbemessung, die kurzfristig von Minister Lauterbach zum Bestandteil des KHVVG gemacht werden soll, wurde kontrovers diskutiert. Dr. Susanne Johna, Vorsitzende des Marburger Bundes und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, erklärte dazu: „Ärztliche Personalbemessung muss Grundlage jeder Krankenhausreform sein, egal wann sie kommt. Es ist erfreulich, dass sie als Änderungsantrag noch in den Entwurf eingefügt wurde. Und es gilt auch in der jetzigen Zeit: Wir werden eine Reform bekommen, wann sie aber greifen wird, ist unklar.“
PD Dr. Michael Weber erklärte für den Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK): „Ärztliche Personalbemessung wird auch von den leitenden Ärzten begrüßt, weil wir den großen Druck auf die Stellen in vielen Kliniken mit Insolvenzgefahr sehen. Sie kann auch dazu dienen, Tätigkeiten, die nicht zwingend ärztlich erbracht werden müssen, zu identifizieren, um so die Arbeitsbelastung zu entspannen.“
Auch die zentrale Frage nach der künstlichen Intelligenz und deren Auswirkung auf den Arztberuf wurde diskutiert. Dr. Philipp Stachwitz, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), prognostizierte hierzu: „Ärzte werden nicht durch KI ersetzt, sondern durch Ärztinnen und Ärzte, die KI einsetzen. Entscheidend ist für den Einsatz von KI in der Medizin: Datenschutz und die wissenschaftliche Absicherung der Ergebnisse.“ Unterstützt wurde er in seiner Position von Dr. Peter Bobbert, dem Präsidenten der Ärztekammer Berlin und Mitglied des Vorstandes des Marburger Bundes: „KI wird die ärztliche Profession fundamental verändern, deshalb muss sich die Ärzteschaft mit KI insbesondere auseinandersetzen und diese in die ärztliche Tätigkeit integrieren. KI bedeutet nicht nur, dass Organisation und Bürokratie beeinflusst werden, sondern sie hat Potential elementare Bestandteil ärztlicher Tätigkeit zu sein.“
„Ein Krankenhaus ohne Arzt, da sind wir uns ganz sicher, wird kein Krankenhaus mehr sein“, erklärte Dr. Anja Mitrenga-Theusinger, Vorsitzende des Ausschusses Krankenhauskommission der Ärztekammer Nordrhein in der Debatte um Level-Ii-Häuser. Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW, betonte vorab, wie wichtig sie es finde, dass diese Diskussionen zwischen Ärzten und Pflegefachpersonen gemeinsam geführt werden, gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt. Für sie ergibt sich bei der gesamten Debatte eine deutliche Verschiebung der ursprünglichen Diskussion. „Es geht mehr darum, wie man Kliniken erhält. Die Frage allerdings, ob Pflege geführt werden könnte, wird gar nicht mehr gestellt. Dabei muss es vor allen Dingen darum gehen, Versorgungskontinuität sicherzustellen, die uns sonst verloren gehen könnte.“
Im Rahmen des Forums erhielt Dr. Med. Dilan Sert, Geschäftsführerin der SEDIDOC GmbH, den Zukunftspreis 2024 des Verbandes leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK). Mit ihrem Unternehmen SEDIWORK GmbH unterstützt Dr. Sert Kliniken dabei, ihre Ärzte optimal zur bestmöglichen Patientenversorgung, aber auch ökonomisch effizient weiterzubilden. „Es sind solche klugen Lösungen und persönliches Engagement wie diese, die wir brauchen, um die immensen Herausforderungen unseres immer komplexer werdenden Systems auch in Zukunft meistern zu können“, erklärt VLK-Präsident PD Dr. Michael A. Weber. „Es ist mir eine große Ehre, diesen Preis vom VLK, also der Ärzteschaft erhalten zu haben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Transformation in den Kliniken gemeinsam erfolgreich gestalten werden. Mit smarter Rotationsplanung SEDIWORK machen wir New Work möglich“, erklärt die Preisträgerin.
Das VKD-Forum hat die vergangenen beiden Jahre seit Ankündigung der Krankenhausreform resümiert. Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) betonte, dass die Hoffnungen aus Ende 2022 sich nicht erfüllt haben. „Kliniken werden mit dieser Reform, egal ob mit Anpassung oder ohne, so schlecht wirtschaftlich dastehen wie nie zuvor. Die wirtschaftliche Basis ist in den vergangenen Jahren so erodiert, weil die Erlöse nicht mit den Kostensteigerungen Schritt halten konnten. Ohne eine entsprechende Anpassung der Landesbasiswerte wird sich die wirtschaftliche Lage der Kliniken auch nicht entscheidend ändern können. Problematisch ist zudem, dass die Planungssicherheit komplett fehlt. Der VKD fordert deshalb auch, die vorgesehene Vorhaltefinanzierung so nicht einzuführen und die Planungshoheit der Länder zu erhalten.“