„Vor drei Wochen hat der Bundestag die Krankenhausreform verabschiedet. Es sollten entscheidende Weichen gestellt werden, die im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger die Krankenhausversorgung verbessern würden – doch dies ist in der aktuellen Form des Gesetzes leider nicht erkennbar“, erklärte die Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger, zugleich Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost (DBfK), bei der Eröffnungspressekonferenz des Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf. Trotz der vielen politischen Fragezeichen durch das Koalitions-Aus muss die Krankenhausreform vorangetrieben werden. Durch die Finanzierungsreform sei weiterhin keine Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Kliniken absehbar. Die Kongresspräsidentin mahnte Korrekturen an, sonst werde es weiter zu unkontrollierten Klinikschließungen und Versorgungsengpässen in Deutschland kommen. Darüber hinaus machte Berninger auf die Situation in der Pflege aufmerksam. „Einerseits befinden wir uns in einer alternden Gesellschaft, in der die Pflegebedürftigkeit in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird. Andererseits wird zu dem schon jetzt vorherrschenden Fachkräftemangel eine zusätzliche Herausforderung entstehen, wenn weiterhin Pflegefachpersonen den Beruf verlassen und die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Deshalb ist es für die Politik und uns alle alternativlos, jetzt nach guten Lösungen zu suchen, um den Pflegeberuf zukunftsfest aufzustellen. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Pflegereform bietet uns die Chance, Pflege neu zu denken“, so die Kongresspräsidentin.
Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), forderte die Bundesländer auf, die Klinikreform am 22. November im Bundesrat in den Vermittlungsausschuss zu verweisen. „Schicken Sie dieses Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Und dies gilt auch in der von den Ampelfraktionen verursachten Regierungskrise. Denn für die stationäre Versorgung in Deutschland tragen die Länder auch in den kommenden Jahren die Verantwortung“, machte Gaß deutlich. Mit kleinen Stellschrauben sei dieses Gesetz nicht mehr zu retten. Retten könne man es nur, wenn der Vermittlungsausschuss dieses Gesetz auf gemeinsame Grundvereinbarungen zurückführe. „Wir schlagen als erste Schritte zur Rettung der Krankenhausreform vor, den notwendigen Inflationsausgleich sofort umzusetzen, um die flächendeckende Defizitlage der Kliniken zu entschärfen. Gleichzeitig müssen die Leistungsgruppen nach dem NRW-Modell bundesweit angewendet und schon bestehende Instrumente wie Sicherstellungszuschläge zur Vorhaltefinanzierung ausgeweitet werden, bis ein tauglicheres Modell erarbeitet ist. Und die Krankenhäuser müssen endlich konsequent von überflüssiger Bürokratie und Überregulierung befreit werden. Auch wenn wir in einer politisch turbulenten und fragilen Situation sind, ohne Änderungen darf diese Reform nicht kommen. Sollte die Krankenhausreform den Bundesrat passieren, tritt ein an vielen Stellen schlecht gemachtes Gesetz in Kraft, dass die Patientenversorgung in Deutschland nicht verbessern, sondern erschweren wird. Niemand kann heute sagen, wer nach einer Neuwahl das Gesundheitsressort führt und ob es dann zu schnellen, notwendigen Korrekturen käme“, so Gaß.
PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), machte deutlich, dass es nicht darum gehe, das Gesetz komplett zu Fall zu bringen, sondern es in essenziellen Punkten nachzuschärfen. Es sei weiter nicht abzuschätzen, ob die zu erwartenden Krankenhaus- und Abteilungsschließungen gut kompensierbar sind oder zu Engpässen in der Notfallversorgung und Wartelisten bei elektiven Eingriffen führen. Deshalb brauche es dauerhafte Ausnahmegenehmigungen für die Länder, die für die Erfüllung der Bedarfe vor Ort die Möglichkeit von Ausnahmen bei zu stringenten Strukturvorgaben haben müssen. Nur so könne die Versorgung in strukturschwachen Gebieten bzw. auf dem Land auch auf Dauer gesichert werden. „Die Knackpunkte sind klar benannt, die Fakten sprechen für sich. Der Vermittlungsausschuss muss endlich den Weg für eine Lösung der offenen Finanzierungsfragen für Betriebskosten, Vorhaltung und Transformation ebnen und die weiteren Schwachstellen des Gesetzes beheben. Das Prinzip der Strukturbereinigung durch maximalen finanziellen Druck muss durch belastbare finanzielle Zusagen ein Ende haben, sonst frisst die Lauterbachsche Revolution unsere Krankenhäuser“, so der VLK-Präsident.
Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) betonte, dass es nicht um Probleme einzelner Krankenhäuser ginge, sondern dass eine ganze für die Menschen elementar wichtige Branche wirtschaftlich extrem angeschlagen sei. Und dies nicht durch eigene Schuld oder Missmanagement. Die überwiegende Mehrzahl der 1.700 Krankenhäuser in Deutschland stecke in noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. „Als Vertretung der kaufmännischen Leitungen der Krankenhäuser in Deutschland sehen wir mit sehr großen Sorgen auf diese Entwicklung. Auffallend ist, dass der Kanzler und der damalige Finanzminister separate Wirtschaftsgipfel einberufen, wenn ein großer Autobauer seine Gewinnerwartung auf einen mittleren einstelligen Prozentsatz korrigiert. Dass Krankenhäuser derzeit regelhaft negative Ergebnisse schreiben, interessiert in der politischen oder der allgemeinen Öffentlichkeit anscheinend nur wenige“, erklärte der Präsident. Kaum ein Träger werde kurz- wie mittelfristig mehr in der Lage sein, diese sich nunmehr im dritten Jahr hintereinander verschärfende wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auszugleichen.
Der 47. Deutsche Krankenhaustag widmet sich auch in diesem Jahr der gesamten Bandbreite gesundheits- und krankenhauspolitischer Themen – dabei bleibt natürlich die große Krankenhausreform im Fokus. Klinikvertreter und Politik werden daher im Rahmen der Auftaktveranstaltung sowohl die aktuellen Entwicklungen als auch die Anforderungen für den Kliniksektor und die Erwartungen der Krankenhäuser bzw. deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den laufenden Reformprozess debattieren. „Orientierung in der Revolution“ lautet das Motto des Kongresses, der vom 11. bis 14. November 2024 im Rahmen der weltweit größten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf stattfindet.
Die Teilnahme des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann im Rahmen der Auftaktveranstaltung unterstreicht die herausragende Bedeutung der Kliniken für die Gesundheitswirtschaft. Am 11. November können alle Interessierten ab 12 Uhr vor Ort in Düsseldorf oder per Livestream unterwww.deutscher-krankenhaustag.de die Eröffnungsveranstaltung und die anschließende Diskussionsrunde mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), der Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) und Kristine Lütke (FDP), MdB, Mitglied im Gesundheitsausschuss, verfolgen.
Die Besucher des Deutschen Krankenhaustages können sich an den vier Kongresstagen auf spannende Debatten mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten aus Politik, Kliniken, Krankenkassen und Wissenschaft freuen. Ein Highlight ist die Veranstaltung „Finanzierung im Krankenhaus“ unter der Leitung des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaßam Montagnachmittag. Die Besucher erwartet ein hochkarätiges Expertenforum für Information und Diskussion rund um die zukünftige Klinikvergütung.
Der Deutsche Krankenhaustag greift in diesem Jahr unter dem Motto „Menschen machen Medizin“ am zweiten Kongresstag insbesondere Personalthemen auf, gemeinsam moderiert von Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK) sowie PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte e. V. (VLK). Die Vorträge reichen vom ärztlichen Personalbemessungsinstrument, Digitalisierung bis zur Weiterbildung. In einem Theorie- und Praxis-Check, moderiert von Andreas Tyzak, Pressesprecher des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands und Kaufm. Direktor Klinikum Gütersloh, wird zudem die „Entökonomisierung der Krankenhäuser“ näher beleuchtet. Welche Maßnahmen sind zur Stabilisierung der Kliniken notwendig und können in dieser kritischen Situation überhaupt ergriffen werden? Kommt von der Bundesebene die Entökonomisierung? sind nur einige der Vorträge aus der Praxis des Krankenhausmanagements sowie der Sicht der Kostenträger.
Der Krankenhaustag dient einmal mehr auch als Plattform für einen Erfahrungsaustausch und Diskussionen rund um die Pflege im Krankenhaus. Am dritten Kongresstag werden unter dem Motto „Mehr Kompetenz wagen – Pflege als Treiber im Gesundheitswesen“ in den Sessions aktuelle Fragen wie die „Krankenhausreform und ihre Chance für die Pflegepraxis“ oder „Pflegebudget vs. Vorhaltekosten?“ unter der Moderation von Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe e. V. (DBfK) intensiv diskutiert. Mit Spannung erwartet wird an diesem Tag auch die Keynote-Speech von Bart de Witte, Hippo Al Foundation, zum Thema „Digital transformation in healthcare“.
Der vierte, internationale Kongresstag bringt ein Novum auf dem Deutschen Krankenhaustag und widmet sich erstmals der Rolle der deutschen und chinesischen Krankenhäuser in der Daseinsvorsorge im Vergleich. Hochkarätige Expertinnen und Experten aus beiden Ländern zeigen die Potentiale für zukünftige Kooperationen im Gesundheitswesen zwischen Deutschland und China auf. Moderiert wird der Tag u. a von Nils Dehne, Geschäftsführer Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser e. V. (AKG) und Sarah Peuling, CompuGroup Medical SE & Co. KgaA. Vortragssprache ist Deutsch und Chinesisch mit Simultanübersetzung.
Detaillierte Informationen zum Kongressprogramm und weitere Informationen finden Sie unterwww.deutscher-krankenhaustag.de. Tickets zum kostenlosen Besuch des Deutschen Krankenhaustages und dem damit verbundenen freien Messeeintritt auf der MEDICA sind unter https://eveeno.com/deutscherkrankenhaustag erhältlich.