Das vollständige Positionspapier der Deutschen Krankenhausgesellschaft finden Sie hier:

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Konsequente Deregulierung, Hinwendung zu Anreizsystemen und umfassendem Bürokratieabbau
- Vertrauen in die Kompetenz und in das Verantwortungsbewusstsein der Handelnden vor Ort ist der Schlüssel für eine effiziente Gesundheitsversorgung. Die von Misstrauen geprägte Politik der zentralstaatlichen Überregulierung hat sich nicht bewährt. Notwendig ist ein komplettes Umdenken beim Thema „Regulierung und Bürokratie“.
- Kleinteilige Vorgaben, Dokumentationsverpflichtungen und Kontrollen müssen durch intelligente Anreizsysteme und realistische Zielvorgaben ersetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Handlungsfelder Qualitätssicherung, Personaleinsatz, Ambulantisierung und Digitalisierung.
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Versorgungssicherheit und Finanzierung
- Der Umbau der Krankenhauslandschaft muss planvoll, schrittweise und mit dem Ziel erfolgen, die Patientenversorgung auch während der Transformationsphase zu sichern. Grundlegende Veränderungen müssen vorab simuliert und auf ihre Auswirkung für die Patientenversorgung analysiert werden.
- Bundeseinheitliche Vorgaben für die Krankenhausplanung sollten dem NRWModell folgen und ausreichende sowie dauerhafte Öffnungsoptionen für die Länder umfassen. Alle aktuell über das NRW-Modell hinausgehenden Vorgaben (Fachärzte, Mindestvorhaltezahlen, Onkochirurgie-Verbotsliste, verschärfte Personal- und Strukturvorgaben, zusätzliche Leistungsgruppen etc.) müssen ausgesetzt und auf Basis von Auswirkungsanalysen neu bewertet werden.
- Um das wirtschaftliche Überleben bedarfsnotwendiger Krankenhäuser bis zum Greifen der neuen Krankenhausplanung zu gewährleisten, muss ein Inflationsausgleich auf den Weg gebracht werden, der die länder- und parteiübergreifenden Forderungen des Bundesrats aufgreift.
- Der in der Krankenhausreform angelegte Konzentrationsprozess muss mit einer echten Strukturkostenförderung unterlegt werden. Diese muss es möglich machen, dass auch kleine Standorte mit einem Behandlungsspektrum der wohnortnahen Grundversorgung fallzahlunabhängig auskömmlich finanziert sind.
- Die Umwandlung kleiner Krankenhausstandorte in sektorenübergreifende Versorger ist eine Chance für die Aufrechterhaltung einer wohnortnahen regionalen Patientenversorgung. Die Vergütung der regionalen Gesundheitszentren muss deren Leistungsspektren sachgerecht abbilden und auskömmlich sein.
- Das DRG-System soll weiterhin die Grundlage der fallabhängigen Finanzierung von Krankenhäusern sein. Die bestehende systematische Unterfinanzierung innerhalb des Fallpauschalensystems und der Vorhaltefinanzierung (soweit nicht ausgesetzt und reformiert) muss jedoch beendet werden. Sämtliche Leistungen, die für die medizinische Versorgung der Bevölkerung notwendig sind (und damit insbesondere auch die Geburtshilfe und die Pädiatrie), müssen auskömmlich vergütet werden. Die jährliche Anpassung der Landesbasisfallwerte muss den durchschnittlichen Kostenanstieg der Krankenhäuser vollständig refinanzieren.
- Die Länder müssen die Verantwortung für die Investitionsfinanzierung jenseits des Transformationsfonds zukünftig in vollem Umfang übernehmen.
- Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind als Ziele in § 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) konkret zu verankern. Der Transformationsfonds muss durch gezielte Sonderprogramme des Bundes zur Förderung der Klimaneutralität ergänzt werden.
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Fachkräftesicherung
- Die Pflege und weitere Gesundheitsfachberufe sollen mehr Verantwortung übernehmen können. Die Kompetenz und die Verantwortungsübernahme im Behandlungsprozess sind auf neue Berufsbilder, akademisierte Pflegekräfte und weitere Gesundheitsfachberufe auszuweiten.
- Die Anerkennungsverfahren für zugewanderte Fachkräfte im Krankenhaus müssen bundesweit einheitlich und bürokratiearm ausgestaltet werden.
- Die Kosten für die Weiterqualifizierung von Gesundheitsfachpersonal über Fortund Weiterbildungen sowie die Kosten von Studiengängen müssen vom Gesetzgeber oder den Krankenkassen vollständig übernommen werden.
- Leiharbeit muss eingedämmt werden. Mögliche Ansätze sind die Begrenzung der Verrechnungssätze, Musterrahmenvereinbarungen und die Sicherstellung der Finanzierung von Springerpools entsprechend dem Beschluss des Bundesrats vom 2. Februar 2024 zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege.
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Qualitätssicherung und -verbesserung
- Die Weiterentwicklung der Vorgaben zur Qualitätssicherung und -verbesserung muss die Interessen der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellen und darf nicht länger zu anderen Zwecken (Strukturumbau) missbraucht werden.
- Die Qualitätssicherung sollte grundlegend neugestaltet werden. Ziel muss es sein, eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung und die Flexibilisierung der Leistungserbringung gleichzeitig zu erreichen. Der Ergebnisqualität ist Vorrang vor kleinteiliger Struktur- und Prozessqualität einzuräumen.
- Die Qualitätssicherung muss zu einem Motor von Innovationen werden und darf nicht, wie heute oftmals der Fall, Innovationen und Effizienzsteigerungen durch zentralistische, kleinteilige Standardvorgaben blockieren.
- Der Medizinische Dienst muss komplett unabhängig und losgelöst von den Krankenkassen organisiert werden. Die Prüfaufgaben und der Prüfumfang müssen verschlankt und auf Kernthemen konzentriert werden. Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit sind bei Prüfungen und Konsequenzen zu beachten.
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Krankenhäuser als Gesundheitscampus – konsequente ambulante Öffnung und Stärkung sektorenübergreifender Versorgung
- Krankenhäuser sind der ideale Standort für die aus medizinischer Sicht gebotene und von den Patientinnen und Patienten gewünschte Gesundheitsversorgung aus einer Hand. Auch aufgrund der zunehmenden Probleme der Kassenärztlichen Vereinigungen, die ambulante Versorgung flächendeckend sicherzustellen, sind die Krankenhäuser der zentrale Anlaufpunkt der Patientinnen und Patienten. Diese Tatsache muss sich in den Länderkompetenzen zur sektorenübergreifenden Versorgungsplanung und der konsequenten Öffnung der Krankenhäuser für die klinisch-ambulante Versorgung niederschlagen.
- Die Länder sind aufgefordert, im Rahmen der neuen Krankenhausplanung auch die Standorte für die sektorenübergreifende Leistungserbringung (regionale Gesundheitszentren) festzulegen. Dafür brauchen sie die Zuständigkeit für die dauerhafte ambulante Aufgabenzuweisung auch jenseits der KVZulassungsausschüsse. In Regionen, in denen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte die fachärztliche Versorgung nicht mehr sicherstellen, sollen Krankenhäuser diese Aufgaben übernehmen können. Die Zuweisung erfolgt dauerhaft durch die Bundesländer.
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Effizienter Personaleinsatz
- Die Letztentscheidung über den konkreten Personaleinsatz muss in der Hand der Verantwortlichen der Krankenhäuser liegen. Die stations- und schichtbezogenen Pflegepersonaluntergrenzen sind bei Inkrafttreten der Pflegepersonalbemessung durch einen Ganzhausansatz zu ersetzen.
- Die Psychiatrie- und Psychosomatik-Richtlinie muss flexibilisiert und dereguliert werden.
- Neue Personalbemessungsinstrumente müssen auf Empfehlungs- und Orientierungscharakter begrenzt sein.
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Digitalisierung
- Sämtliche mit der Digitalisierung verbundenen Betriebs- und Investitionskosten müssen dauerhaft auskömmlich finanziert sein. Zur Finanzierung der Betriebskosten sollte ein dauerhafter Digitalisierungszuschlag in Höhe von 2 % auf jede Krankenhausrechnung eingeführt werden.
- Alle Maßnahmen zur Gewährleistung von Informationssicherheit und Resilienz müssen so umgesetzt werden, dass sie die Anforderungen an eine gute medizinische Versorgung in den Vordergrund stellen. Widerspruchsmöglichkeiten dürfen eine gute Versorgung nicht beeinträchtigen.
- Zur Förderung der Digitalisierung sollten digitale Geschäftsmodelle unterstützt werden.
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Notfallversorgung
- Die in der 20. Legislaturperiode geplante Notfallreform umfasste zahlreiche sinnvolle Maßnahmen und sollte zeitnah auf den Weg gebracht werden.
- Die Entscheidung, an welchen Krankenhäusern Integrierte Notfallzentren (INZ) anzusiedeln sind, muss durch die zuständigen Landesbehörden getroffen werden.
- Sämtliche Leistungen, die die Krankenhäuser im Rahmen der ambulanten Notfallversorgung erbringen, müssen vollständig refinanziert werden.
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Psychiatrische und psychosomatische Versorgung
- Sektorenübergreifende regionale krankenhauszentrierte Versorgungsnetzwerke müssen dauerhaft etabliert und stärker gefördert werden.
- Die Krankenhäuser sind vollständig für ambulante psychiatrische und psychosomatische Behandlungsleistungen mit Flexibilisierung der Angebote zu öffnen.
- Die Belange der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen sind gesondert zu berücksichtigen.
- Erfolgreiche Modellvorhaben nach § 64b SGB V müssen zeitnah als Optionsmodell in die Regelversorgung und in die Regelfinanzierung überführt werden.
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Arzneimittelversorgung
- Versorgungskritischen Lieferengpässen muss entgegengewirkt werden, auch durch Maßnahmen auf europäischer Ebene.
- Der frühe Zugang zu innovativen Arzneimitteln muss durch eine praktikable Ausgestaltung gewährleistet werden. Für extrem hochpreisige Arzneimittel sollten neue Finanzierungsmodelle entwickelt werden.
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